Die Unmoralische |
Oh, der Magnet des Wahns
zieht mächtig! (K. Gutzkow) |
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Chronik des Wahnsinns IV |
STARTSEITE Mit Zitaten u. Aphorismen und weiteren Chroniken über witzige Namen, Irrtümer und Niederlagen, dämliche Gesetze, seltsame Zufälle und vielem mehr... Weitere Chroniken des laufenden Wahnsinns: Teil 1 ~ Teil 2 ~ Teil 3 ~ nächste Seite ~ |
ANSBACH. (AP) Zur blutigen Falle ist für einen 53jährigen Autofahrer aus dem mittelfränkischen Ansbach ein Parkscheinautomat geworden: Der Krankenpfleger verlor die Fingerkuppe seines linken Zeigefingers im dem Gerät, als er ein Ticket lösen wollte, wie die Polizei am Dienstag berichtete. Vermutlich sei ein kleines Messer zum Abschneiden der Parkzettel versehentlich ausgelöst worden. Die Stadtverwaltung setzte den Automaten vorübergehend außer Betrieb. Der Autofahrer hatte am Montag nachmittag den Angaben zufolge eine Münze in das Gerät geworfen. Weil der Automat jedoch nicht sofort reagierte, griff der Mann in den Geldrückgabeschacht. In diesem Moment sei ein Mechanismus zum Druck der Billets in Gang gekommen. Vermutlich habe ein darin integriertes Messer den Mann verletzt. Ein Zeuge rief einen Rettungswagen, der den stark blutenden Krankenpfleger in ein Krankenhaus brachte. Kurz darauf bemerkte der Mann, daß die Fingerkuppe in dem Schacht zurückgeblieben war, packte sie und fuhr damit in die Klinik. Dort konnte das knapp ein Zentimeter lange Körperteil jedoch nicht mehr angenäht werden. (7.5.97)
Eine französische Hellseherin 'übersah' in Malaysia ihre eigene Festnahme. Nach Medienberichten vom Dienstag bemerkte die illegal im dem Land arbeitende Frau nicht, daß ein Kunde in Wirklichkeit ein Beamter der Einwanderungsbehörde war. Während die 42jährige dem Polizisten in einem Hotel auf der Insel Penang aus der Hand las, erklärte der Beamte sie und ihren 47jährigen Ehemann für festgenommen. In Zeitungsanzeigen hatte sich die Frau als 'weltberühmte Wahrsagerin' angepriesen und pro Beratung 80 Dollar verlangt.
Den Hygienemuffeln unter den amerikanischen Kellnern soll der Kampf angesagt werden. Eine US-Firma hat ein System auf Infrarot-Basis entwickelt, das Alarm schlägt, wenn der Mitarbeiter eines Restaurants ohne Händewaschen die Toilette verläßt. Jeder Angestellte trägt dabei einen Sticker, der einen Sensor aktiviert, sobald der Toilettenraum betreten wird. Ein zweiter Sensor am Seifenspender wird angesprochen, wenn der Mitarbeiter mindestens 15 Sekunden am Waschbecken stehenbleibt. So wird registriert, wie lang er sich dort aufhält. Und wer sich die Hände nicht ordentlich mit Seife wäscht, den verrät bei Rückkehr das grelle Blinken des Stickers. Das Infrarot-System soll demnächst in einen Hotel im Bundesstaat New Jersey getestet werden.
Versehentlich hat eine ältere Dame im US-Bundesstaat New Mexiko eine Bank überfallen. Die 61jährige habe am Autoschalter einer Bank einen Einzugsschein abgegeben, teilte die Polizei mit. Während sie auf ihre Quittung wartete, sei sie plötzlich von Polizeifahrzeugen umringt worden. Erst als die Frau in Handschellen dastand, habe sich herausgestellt, daß ein Witzbold 'Dies ist ein Überfall, ich habe eine Bombe' auf die Rückseite des Einzahlungsscheins geschrieben habe. Die Dame hatte vermutlich den Schein in der Bank mitgenommen, ohne auf das Gekritzel zu achten.
Alle Jahre wieder ziehen sich die Studenten des Luther-Colleges in der amerikanischen Stadt Decorah nach den Abschlußprüfungen aus, spielen nackt Fußball und provozieren damit einen Zusammenstoß mit der Polizei. Dieses Jahr führte die traditionelle Aktion allerdings zu einem 'Massenstriptease', nachdem ein Student wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt verhaftet wurde. 'Die Leute waren so aufgebracht, das sie sich aus Protest auszogen', berichtete eine Augenzeugin. Erst hatten rund 30 Studenten nackt oder mit Unterwäsche bekleidet auf dem Campus herumgetollt. Die Uni-Leitung hatte darauf die Polizei gerufen.
Nach massiven Protesten der chinesischen Gemeinde muß ein Berggipfel in den kanadischen Rocky Mountains umbenannt werden. Die Behörden in der westkanadischen Provinz Alberta waren mit der Beschwerde eingedeckt worden, in denen die Bezeichnung 'Chinesen-Gipfel' für einen 2609m hohen Berg als rassistisch gebrandmarkt wurde. Der 100 Kilometer westlich von Calgory gelegene Berg war bereits 1896 auf den vermeidlich rassistischen Namen getauft worden. Der chinesische Eisenbahnarbeiter Ha Ling hatte den Gipfel bei einer Wette erklommen. Es soll nun ein Wettbewerb den künftigen Namen ausgerufen werden. Ok, ab heute keine Berliner Ballen, Amerikaner oder Negerküsse mehr...
NEU-DEHLI. (dpa) Der Pilot einer Boeing 737 der Fluggesellschaft 'Saudia' verwechselte am Montag die Landebahn. Das Flugzeug mit 348 Menschen an Bord setzte in der südindischen Stadt Madras auf dem Militärflughafen anstatt auf dem internationalen Flughafen auf. Bei der Landung des Jets auf dem Luftwaffenstützpunkt Tabaram kam keiner der 331 Passagiere und 17 Besatzungsmitglieder zu Schaden. (3.6.97)
München. (dpa) Ein genervter Nachbar hat in München einen krähenden Haushahn mit einem Gartenrechen zum Schweigen gebracht. Der Mann sei in den frühen Morgenstunden des Samstag im Schlafanzug über den Zaun geklettert und habe den Hahn erschlagen, berichtete die Polizei am Sonntag. Die Beamten entdeckten lediglich noch einige Federn.
Dülmen. (dpa/Inw) Der Wunsch nach einer Abkühlung hat am frühen Freitag morgen für einen Mann im westfälischen Dülmen ein filmreifes Ende gefunden. Wegen der sommerlichen Temperaturen hatte sich ein 35jähriger zu einem einsamen Schwimmvergnügen im Freibad entschlossen. Nach Angaben der Polizei in Coesfeld gelang es dem Angetrunkenen zwar noch, auf das Gitter der Umzäunung zu klettern. Der Fluch der bösen Tat ereilte ihn jedoch beim Abstieg: Die zehn Zentimeter langen Eisenspitzen verfingen sich in seinem Hosenbeinen und bohrten sich durch die Schuhsohlen. 'Kopfunter' hing der verhinderte Schwimmer an der Umzäunung. Erst die von den Anwohnern alarmierte Polizei konnte den lautstark um Hilfe schreienden Mann unverletzt befreien. Da der 35jährige offensichtlich schon genug bestraft war, ließen die Beamten den Einbruchsversuch mit einigen mahnenden Worten auf sich beruhen. (7.6.97)
Göttingen (dpa) - Jedes Kind kennt sie - die kleine große Pippi Langstrumpf mit den roten Haaren und Sommersprossen im Gesicht, die die Erwachsenen mit ihrer Respektlosigkeit und ihren Lügengeschichten immer wieder zur Verzweiflung bringt. Doch die deutsche Pippi Langstrumpf ist längst nicht so aufmüpfig wie das schwedische Original. "Das schwedische Mädchen ist wilder und ungebundener", resümiert Astrid Surmatz von der Universität Göttingen (Niedersachsen), die beim Sonderforschungsbereich "Die literarische Übersetzung" arbeitet. In ihrer Doktorarbeit untersucht sie die Übersetzung des Werkes von Astrid Lindgren in Deutschland. Die deutschen Übersetzer gingen schon bei der Bekleidung von Pippi auf Nummer sicher: Während die Heldin im Originaltext ein ziemlich kurzes Kleidchen trage, sei ihr in der deutschen Fassung kurzerhand eine Hose unter das Kleid gezogen worden. Die deutschen Mädchen sollen wohl wissen, wie sich schicklich angezogen werde, sagt Surmatz. Auch die wilden Lügengeschichten von Pippi seien im Original viel übertriebener. Da erzählte Pippi beispielsweise bei einem Kaffeekränzchen mit drei vornehmen Damen, daß die Dienstmagd ihrer angeblichen Großmutter immer furchtbar belle, wenn Besuch käme. Und als die Frau des Pastors gekommen sei, hätte die Magd ihr so kräftig ins Bein gebissen, daß Frau Pastor nur noch furchtbar schrie. Das Dienstmädchen hätte daraufhin das Bein vor lauter Schreck nicht mehr loslassen können. In der deutschen Übersetzung gebe es in Pippis Lügengeschichte zwar auch ein Dienstmädchen, das belle - aber nicht beiße. Immer wieder offenbare sich in der deutschen Übersetzung ein erzieherischer Grundtenor. Ganze Passagen seien weggelassen oder umgeschrieben worden. Astrid Surmatz kommt zu dem Ergebnis, daß "die Übersetzung vom Stil her viel betulicher, braver und von der Sprache her gehobener ist". Im Originaltext spreche Pippi mit ihren Freunden Annika und Thommy einfach natürlicher. "So, wie Kinder sich in der damaligen Zeit wirklich unterhielten - umgangssprachlich und sogar mit leichtem Dialekt", meint Surmatz. Die Wissenschaftlerin erklärt den deutschen Stil mit der schwierigen Situation nach dem Ende des Nationalsozialismus, wo man sich über die Kinderbuch-Inhalte neu verständigen habe müssen. In Skandinavien habe es schon eine Literatur gegeben, die, so Surmatz, "zunächst mal zweckfrei daher kommt und Kinder als Kinder ernstnimmt". In der deutschen Fassung von 1949 beißt Pippi beispielsweise nicht in einen Fliegen-, sondern in einen Steinpilz - man befürchtete wohl, daß heranwachsende Kinder ihr allzu genau nacheifern könnten, meint Surmatz. Während in Schweden schon mehrere Generationen mit der Fliegenpilz-Urversion groß geworden seien, kritisiere man in Deutschland, daß Kindern nicht die Entscheidung überlassen werden dürfe, ob Pilze nun giftig seien oder nicht. Dabei sei die Fliegenpilzgeschichte eine ganz typische Pippi-Episode, in der sie die Welt wieder einmal auf den Kopf stelle. "Hier offenbart die schwedische Pippi gerade dieses Quentchen an Verrücktheit, das der deutschen Pippi fehlt", sagt die Doktorandin. 1986 habe der Oetinger Verlag eine Überarbeitung der Übersetzung von 1949 herausgebracht, die dem Original zwar näher, aber immer noch nicht gleich kommt. Störend sei nicht so sehr die inhaltliche Verdrehung, sondern "dieser pädagogisierende Kommentar und daß Pippi die anderen belehrt", kritisiert Surmatz. Dennoch: "Ob Original oder Übersetzung, auf jeden Fall ist es ein Buch, das Mut machen kann"
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